A Bevölkerung im Wandel
1. Weltbevölkerung
1.1 Einführung
Zurzeit (2025) leben 8,3 Milliarden Menschen auf der Erde. Jede Sekunde kommen statistisch gesehen 3,3 Menschen
dazu. Prognosen sagen voraus, dass im Jahr 2050 etwa 9,8 Milliarden Menschen leben werden. Als Kolumbus 1492
Amerika erreichte, lebten 500 Millionen Menschen auf der Erde. Es dauerte 300 Jahre, ehe sich die Weltbevölkerung auf 1
Milliarde verdoppelt hatte. 1960 zählte die Erde bereits 3 Milliarden Bewohner und es brauchte nur noch 40 Jahre zur
Verdopplung auf 6 Milliarden Menschen im Jahr 1999.
Auftrag: Weltbevölkerung
2025
Wenn die Welt ein Dorf mit nur 100 EinwohnerInnen wäre, wären davon:
2050
Die Zahl der Dorfbewohner wäre im Jahr 2050 121 Menschen:
1.2 Die Bevölkerungsentwicklung
Die Demografie (grch.: demos „Volk“ und grch.: graphein „schreiben, zeichnen“) (=Bevölkerungslehre) versucht den
Ursachen und Wirkungen von Bevölkerungsveränderungen auf den Grund zu gehen. Sie bietet Messgrössen und
Verfahren an zur Ermittlung des Aufbaus, der Verteilung und des Wachstums der Bevölkerung.
1.2.1 Wie misst man die Bevölkerungsentwicklung?
Die Gesamtbevölkerung eines Gebietes ist abhängig von zwei Grössen, von der natürlichen Bevölkerungsentwicklung
und der Migration. Ein Mathematiker würde sagen, die Gesamtbevölkerung ist eine Funktion von zwei Grössen:
Die natürliche Bevölkerungsentwicklung ergibt sich durch die Differenz von Geburten (G) und Sterbefällen (S).
Überwiegen die Geburten, so wächst die Bevölkerung, im umgekehrten Fall schrumpft sie. Diese einfache Beziehung wird
durch die Migration überlagert. Der Fachausdruck Migration (aus lat. migrare "wandern") heisst Wanderung. Einwanderer
(E) erhöhen die Gesamtbevölkerung, Auswanderer (A) senken sie. Die Gesamtbevölkerung zu einem bestimmten
Zeitpunkt erhält man, indem zu einer Anfangsbevölkerung (Ba) die Differenz aus Geburten und Sterbefällen sowie die
Differenz aus der Ein- und Auswanderung addiert. Als Formel ergibt sich:
Das Gewicht der beiden Differenzen innerhalb der
Beziehung hängt ab vom betrachteten Massstab.
Während in einer kleinen Raumeinheit wie etwa
einem Land die Ein- bzw. Auswanderer einen
grossen Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung
haben können, sind die in einer sehr grossen
Raumeinheit wie etwa in einem Kontinent weniger
wichtig. Das liegt daran, dass die Migration, von
einem grossräumigen Blickwinkel aus betrachtet,
meist innerhalb der Raumeinheit erfolgt.
Untersucht man die ganze Erde, so ist die
Wanderungsbilanz gleich Null, solange Kolonien
auf dem Mond Sciencefiction bleiben. Die
Abbildung unten zeigt den Zusammenhang
zwischen
der
natürlichen
Bevölkerungs
entwicklung und der Migration bildlich.
Wie der Wasserspiegel in einem Regenfass ist die Bevölkerungszahl
einer Region bestimmt durch Zu- bzw. Abflüsse – Wasser in einem,
Menschen im andern Fall. (a) In einem geschlossenen System, wie der
Erde als Ganzem, spielt nur die natürliche Bevölkerungsentwicklung
eine Rolle. (b) In einem offenen System ist auch die Migration zu
berücksichtigen.
Natürliche Bevölkerungsentwicklung
Die einfachste Art, die natürliche Bevölkerungsentwicklung zu beschreiben, geschieht über Ziffern. Dabei wird die
Anzahl der jährlichen Lebendgeburten und Sterbefälle auf je 1‘000 Einwohner erfasst. Im ersten Fall spricht man von der
Geburtenziffer (auch Geburtenrate), im zweiten von der Sterbeziffer (auch Sterberate).
Betrachte folgendes Beispiel:
In einem Land mit 100‘000 EinwohnerInnen ereignen sich im Laufe eines Jahres 4‘000 Geburten und 2‘000 Todesfälle.
Die Geburtenziffer berechnest du mit einem einfachen Dreisatz. Auf 100 Einwohner erhältst du 4 Geburten, auf 1‘000
Einwohner zehnmal mehr, also 40. In Promille ausgedrückt ergibt sich eine Geburtenziffer von 40‰. Genau gleich
verfährst du mit den Todesfällen – du erhältst eine Sterbeziffer von 20‰.
Die Geburten- bzw. Sterbeziffer findest du in den meisten amtlichen Statistiken.
Migration
In einer kleinräumigen Betrachtungsweise wirken sich Bevölkerungsumverteilungen durch die Migration stark auf die
Veränderung der Gesamtbevölkerung aus. Insbesondere die Abwanderung der ländlichen Bevölkerung in die Grossstädte
führt in vielen Entwicklungsländern zu grossen Problemen. Während sich der ländliche Raum entleert, sammeln sich in
der Stadt zu viele Leute auf zu engem Raum.
Fertilitätsrate, Kinderzahl pro Frau
Die demographischen Kennziffern der Geburten- bzw. Sterberate beziehen sich auf Gesamtbevölkerungen, sie
erscheinen oft wenig anschaulich und immer unpersönlich. Betrachten wir deshalb auch die Bevölkerungsentwicklung
aus dem Blickwinkel der Individuen. Ob eine Bevölkerung wächst oder schrumpft, hängt letztlich immer davon ab, wie
viele Nachkommen die Individuen haben. Ausschlaggebend ist hier die Fertilitätsrate oder kurz Fertilität (aus lat. fertilis
"fruchtbar“) genannt. Dieser Wert gibt für eine Bevölkerung an, wie viele lebend geborene Kinder eine Frau im
gebärfähigen Alter von 15 – 45 Jahren durchschnittlich zur Welt bringt. Die Abbildung zeigt dir, wie stark die Werte
weltweit auseinanderklaffen.
Besonders interessant ist nun die Frage, wie viele Kinder eine Frau haben dürfte, damit die Bevölkerung längerfristig
nicht weiterwächst. Ohne viel zu überlegen, könnte man sagen: Wird jedes Paar durch ein neues ersetzt, bleibt die
Bevölkerung langfristig stabil. Da rund die Hälfte der Kinder Mädchen sind, darf jedes dieser Mädchen genau zwei Kinder
haben. Die Kinderzahl pro Frau für eine stabile Bevölkerung wäre somit 2.0.
Untersuchen wir diesen Zusammenhang etwas genauer: Zunächst gilt es zu beachten, dass nicht jedes der geborenen
Mädchen selbst auch Kinder haben wird, da infolge der hohen Kindersterblichkeit in armen Ländern viele Mädchen gar
nie ein fortpflanzungsfähiges Alter erreichen. Ausserdem ist das Geschlechterverhältnis bei der Geburt nicht 1:1, sondern
auf 1000 Geburten nur etwa 485 bis 490 Mädchen. Deshalb liegt der gesuchte Wert nicht bei 2.0, sondern etwas 2,13.
Fertilitätsrate nach Staaten für das Jahr 2024. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Gesamtfertilit%C3%A4tsrate
Nullwachstum auf dem Ersatzniveau der Fertilität
Ausgeklügelte Berechnungen der Demographen ergeben einen Wert von durchschnittlich 2.13 Kindern pro Frau. Auf 100
Frauen müssen also im Verlauf ihres Lebens 213 Kinder entfallen, damit jedes Individuum einer Bevölkerung genau
ersetzt wird. Diesen wichtigen Wert nennt man Ersatzniveau der Fertilität. Hat ein Land eine Kinderzahl pro Frau von
2.13, so wird seine Bevölkerung nach längerer Zeit ein gleich gross bleibendes Niveau erreichen. Man spricht dann vom
Nullwachstum der Bevölkerung.
Betrachten wir nochmals die Abbildung: Du siehst, dass in vielen ärmeren Ländern das Ersatzniveau der Fertilität deutlich
übertroffen wird. Der weltweite Durchschnittswert liegt bei 2.2 (Jahr 2025). Es werden demnach Jahr für Jahr mehr
Erdenbewohner geboren, als durch die natürliche Sterblichkeit Platz für sie geschaffen wird. Mit dieser Erkenntnis bist du
beim Bevölkerungswachstum angelangt.
Aufgaben:
(Quelle: Anthropogeographie, compendio 2009 und 2014)
1. Im Jahr 2024 betrug die Geburtenziffer in der Schweiz 8.69‰ bei einer Gesamtbevölkerung von 9'002’763
Einwohnern. Wie oft lieferte demnach der Storch in diesem Jahr sein Bündel ab?
2. In der Schweiz beträgt die Kinderzahl pro Frau ca. 1.5 und liegt somit unter dem Ersatzniveau der Fertilität.
Gleichwohl ist die Gesamtbevölkerung in der Schweiz in den letzten Jahren langsam, aber stetig gestiegen. Erkläre
diesen Umstand!
3. 2023 betrug die Kinderzahl pro Frau in Italien 1.2, in Burkina Faso (Westafrika) hingegen 4.2. Wie werden sich die
Gesamtbevölkerungen dieser beiden Länder in Zukunft entwickeln?
1.2.2 Die Gesetzmässigkeiten des Bevölkerungswachstums
Beachte zu Beginn den wichtigen Unterschied zwischen den Begriffen Wachstum und Wachstumsrate:
• Wachstum bezeichnet eine absolute Zunahme, d.h. den Anstieg der Bevölkerung um einen bestimmten Betrag.
So wuchs die Weltbevölkerung von 2000 bis 2010 um den Betrag von 800 Millionen Menschen.
• Die Wachstumsrate (r) hingegen steht für eine relative Zunahme. Sie meint die durchschnittliche, jährliche
Zunahme in Prozenten ausgedrückt. Die Wachstumsrate eines geschlossenen Systems ergibt sich als Differenz
aus der Geburten- und Sterbeziffer. Liegen negative Werte vor, sinkt die Bevölkerungszahl. Beachte die
Verhältnisse: Geburten- und Sterbeziffern werden in Promille (‰) angegeben, die Wachstumsrate hingegen in
Prozenten (%).
Ein vereinfachtes Rechenbeispiel für ein geschlossenes System wo keine Migration stattfindet: In einem Land ereignen
sich auf 100'000 Einwohner und Einwohnerinnen jährlich 4'000 Geburten und 2'000 Todesfälle. Am Jahresende leben
somit auf je 1'000 Einwohner 20 Menschen mehr als zu Jahresbeginn. Die Wachstumsrate beträgt somit 2%.
Regel: Wachstumsrate (geschlossenes System)
Beispiel:
= Geburtenziffer – Sterbeziffer
= 40‰ - 20‰ = 20‰ = 2%
Hätte dieses Land 100 Millionen Einwohner, so lebten dort nach einem Jahr 2 Millionen Menschen mehr.
Die momentane (2024) Weltbevölkerung wächst jährlich um ca. 0.9%. Sie wächst allerdings keinesfalls gleichmässig im
Raum, sondern mit grossen regionalen Unterschieden:
• In den Industrieländern findet nur ein ...................................... oder gar ..........................................
Wachstum statt.
• Für die meisten Entwicklungsländer jedoch ist ein .................................. Bevölkerungswachstum kennzeichnend.
Regionales Bevölkerungswachstum (2024): (Kontinente korrekt einsetzen)
2.3%
0.8%
0.6%
0.1%
0.7%
Welt -0.3%
0.9%
Aufgabe 1: In einem Land mit 10 Mio. Einwohner kommen jährlich 500...